Die Signale an den Grenzstationen sind eindeutig. An unseren Beamten kommt keiner vorbei. Kein Grund es nicht zu versuchen. Bislang hatte ich einige Procedere des afrikanischen Grenzübertritts geübt. Nie ist es unter einer halben Stunde ausgegangen. Auch der relativ entspannte Posten Namibia / Botswana im Caprivi Strip hatte es in sich und liess sich nicht unter 40 Minuten abwickeln. Ich hatte also genug Zeit eingeplant, um nun den Grenzübertritt nach Zimbabwe zu wagen.

Mit der Station Kwazangula hatte ich vorsichtshalber eine häufig befahrene Station gewählt und könnte über Umwege auch noch eine andere Station wählen. Ich traf gegen elf ein und die Station war nahezu leer. Die „Writer“ warteten auch schon auf mich. Für ein kleines Geld überlasst du ihnen den Papierkram, in dem du ihnen alles gibst. Papiere, Geld und, und, und.

Ich wollte es erst einmal auf eigene Faust versuchen, und siehe da, die eigentliche Immigration selbst war schnell gelaufen. Jetzt noch das Auto nachziehen und der Tag wird geschmeidig.

Und in diesem Moment betritt „sie“ die Station. Wild zerfurchtes Haar, in klassischem Safari Khaki gekleidet und resolut bis zum Abwinken. Meine Tinte war noch nicht trocken, ich hatte meinen Pass noch nicht wieder, fährt Sie dazwischen und wirft ihre Papiere dem Grenzbeamten für die Einwanderung auf den Tisch, dass es nur so rauscht.

„You’re together?“

Eigentlich eine berechtigte Frage. Und bevor ich antworten kann…

„No, I’m french, he is german. Germans and French never go together. Never.

Eine Ansicht, die man nicht unbedingt teilen muss. Aber klar die Fronten absteckt.

Während ich nun die Formulare für die Fahrzeugübernahme zusammensuche, denke ich, aufgrund der Vielzahl ist es vielleicht doch keine schlechte Idee, einen Writer zu engagieren. Also bitte ich ein jungen Writer, mir zu helfen. Tim hat die Prozedur schon mehrmals durchgeführt. Wir sind fast durch, da stellt Sie sich neben Tim um mit ihren Fragen weiterzumachen. Meine Formulare können schliesslich warten.

Es ist weniger Souveränität als Nervösität was dort neben mir steht. Nach ca. 40 Minuten sind wir mit dem Papierkram durch und die Geschichte kann weitergehen. Natürlich Sie zuerst. Tim sammelt von uns 10 Dollar ein, für die Plakette am Fahrzeug. Diese muss beim Grenzer draussen ausgestellt werden. Also macht sich Tim mit unserem Geld schon mal auf den Weg auf den Hof.

Sie ist fertig, als ihr der Grenzposten auch sagt:

„You’re good to go“

Einen Moment Stille, gefolgt von einer Staubwolke. Wie von der Tarantel gestochen sehe ich durch die dreckigen Scheiben einen Sprint über das Gelände, der sich gewaschen hat. Nicht schlecht bei 40 Grad in der Mittagssonne. Und ungesund.

Nach zehn Minuten bin dann auch ich fertig und folge ihr, um meine Plakette abzuholen. Und um Tim zu retten, auf den immer noch die wüstestesten Beschimpfungen einprasseln.

„ IKNOWTHESEGUYS, you can NEVER trust them… “

Laut schimpfend lässt sie von Tim ab und stapft zu Ihrem Auto. Er gibt mir, immer noch perplex, meine zehn Dollar und die Plakette für die Frontschutzscheibe. Ich bedanke mich bei ihm und sehe immer noch den Schrecken in seinen Augen.

„Alles klar?“

„Seems like you saved my life“ antwortet er immer noch eingeschüchtert.

Erst, als sie den Schlagbaum passiert und Gas gibt, kommt sein Lächeln wieder.

 

Ein schnelles Wiedersehen

Keine drei Kilometer hinter der Grenze sehe sie mit wild fuchtelnden und immer wieder in die Höhe schnellenden Armen wieder. Die erste Polizeikontrolle hat sie nicht geschafft. Mit ihrem Temperament zieht sie gleich drei Polizisten auf sich. Zumindest haben sie ihre Waffen noch nicht gezogen.

Für mich bleibt dann nur noch der Auszubildende. Ich halte also an der Sperre und zunächst ist es Routine: Papiere , der obligatorische Gang um das Auto, orangene (!) Warnweste, zwei Reifen, voller Tank, Warndreieck im Auto, alles da. Bei mir gibt es wohl nichts zu holen, will ich gerade triumphieren. Nur, wo ist das zweite Warndreieck?

Stille

Ein zweites Warndreieck? Davon war nie die Rede. Und ich habe viele Reisebeschreibungen gelesen. In den Foren oft genug nachgeforscht. Ich höre die zum ersten Mal. Doch, sagt er, und seine Antwort ist so plausibel wie einfach:

„Eines für vorne und eines für hinten.“

Ich zögere und in leichter Panik durchsuche ich die Fahrerkabine. Kein zweites Warndreieck. Ich steige aus und schaue hinten im Werkzeugkoffer nach. Kein zweites Warndreieck.

„Ob nicht ein Warndreieck reicht? Was können wir machen?“

Oftmals wollen die Beamten einfach nur einen Zehner zugesteckt. Aber dieser junge Offizier bleibt unbestechlich und reagiert nicht auf meine Frage. Korruption richtet sein Land zugrunde. Selten in diesen Zeiten. Keine Chance, er bleibt ernst. Im Hintergrund höre ich sie wieder zu Höchstform auflaufen. So langsam wird mir doch warm. Denke ich noch und drücke die Hecktür mit dem Ersatzreifen und dem Warndreieck zu.

Moment…  ich sehe ein zweites Riesenwarndreieck auf meinem Ersatzreifen??? Und begreife viel zu spät.

Ich drehe mich zu meinem Freund und bevor ich etwas sagen kann, muß ich selber lachen über meine Einfältigkeit. Er grinst über beide Ohren und hält mir ohne Worte seine Hand zum „High Five“ hin. Ich klatsche ab und merke mir: Dieses Land hat seine Spielchen und lässt sich am besten mit Humor begegnen.

Was die französische „NEVER-GO-TOGETHER“ offensichtlich noch nicht verstanden hat.

Im Rückspiegel fliegen ihre Arme gerade noch zweimal in die Luft, dann ist sie verschwunden. Auf dem Weg zu den Victoriafällen hat sie mich nicht überholt. Und ich bin die sechzig Meilen sehr, sehr langsam gefahren.

Wenn jemand also demnächst eine wild diskutierende Französin drei Meilen hinter der Grenze …