Eine Zugfahrt von Yangon nach Mawlamyine
Back in Yangon
Auf den ersten Blick hat sich wenig geändert. Yangon gibt sich Mühe, den Rückstand von Jahrzehnten Militärdiktatur aufzuholen. Dies gelingt in atemberaubender Geschwindigkeit. Mittlerweile ist es eine fortschrittliche Metropole und im gleichen Atemzug mit Bangkok, Saigon oder weiteren asiatischen Grossstädten zu nennen.
Aber es gibt noch die kleinen Ecken, die dem Fortschritt ein wenig trotzen. Und eine kleine Verschnaufpause in diesem wahnsinnigen Tempo bieten. Meist um die grossen Sehenswürdigkeiten gelegen, fällt es leicht, den Schritt zu verlangsamen und Licht und Stimmung zu geniessen.
Auf jeden Fall ein Muss ist immer die Shwedagon Pagode am Abend. Dieses Goldene Licht, diese Stimmung von hunderten Kerzen, diese Unmittelbarkeit von Tradition und Moderne, das ungelenke Geläut der Glocken, die Wucht der Pagode und der melodiöse Gesang der Chöre lassen dich jedes Mal auf neue Erschauern und Staunen.
Der Express
Aber ich bin für etwas anderes hier. Yangon wird dieses Jahr mein Startpunkt in den Süden von Myanmar. Mit dem Express werde ich in nur elf Stunden sage und schreibe zweihundert Kilometer nach Mawlamyine hinter mich bringen.
Ja, da sind Fahrräder schneller.
Aber es ist die Langsamkeit, welche die Intensität dieser Art des Reisens ausmacht. Die Landschaft, in hartem, sonnigen Licht getaucht, zieht mit andächtiger Geschwindigkeit vorüber. Am offenen Fenster sitzend, dem ständigen Singsang der Verkäuferinnen lauschend, ist eine solche Fahrt jedem Kinobesuch vorzuziehen.
Die Schönheit der Landschaft kommt von Ihrer Reduktion der Vegetation und der Mystik, die die Zivilisation bietet. Der Mönch inmitten eines Feldes; die Rauchschwaden über den abendlichen Dächern; die ungelenken Versuche, das neue Fahrrad in Betrieb zu nehmen; die goldenen Kuppeln an den grünen Hängen.
Voyeurismus und Poesie pur.
Ankunft
Nach elf Stunden stoppt der ratternde Rhythmus der überfahrenen Schwellen abrupt. Das Ziel ist erreicht. Ein wenig schwierig ist es schon, nach dieser langen Zeit in sofaähnlichen Polstern wieder aktiv zu werden. Um dann auf dem harten Rücksitz eines nahezu ungepolsterten Moped in die nahende Nacht zu fahren und damit den Farben des Tages „good-night“ zu sagen.